REVITALISIERUNG MIT HOLZ, SONNENHOF PF
Bestandsaufstockung Holz-Modulbau
PROLOG
Das seinerzeit zukunftsweisende Quartier am Sonnenhof soll durch Nachverdichtung sensibel ergänzt und belebt werden. Städtebaulich wird eine holistische Lösung angestrebt, welche auf drei wichtigen konzeptionellen Säulen fußt:
„GRÜNES BAND“ DER ERHOLUNG
Südlich des Bauortes werden bestehende Grünverbindungen aufgegriffen, fortgeführt und Naherholungsgebiete verbunden. Durch Verschmälern und Ergänzen von Begrünung, können die aktuell üppig bemessenen Straßenräume zukunftsweisend umgestaltet und „entschärft“ werden. Es entsteht ein zusammenhängend erlebbares „Naturband“. Bisher vor allem „auto-freundliche“ Räume werden mit Aufenthaltsqualität versehen und zu „menschen-freundlichen“ Räumen und Plätzen transformiert. Die angrenzenden Gebäude stehen künftig an einem Grün- statt einem Straßenzug und erfahren somit eine erhebliche Aufwertung der Wohn-, Arbeits-, und Lebensqualität.
„KULTURELLE PERLEN“
Die zweite Intervention schafft neues Leben im Binnenbereich des Quartiers. Durch einen kulturell geprägten und barrierearmen Weg werden Erdgeschosszonen aktiviert und eine neue starke Verbindung der diversen kommerziellen- und Freizeitangebote geschaffen. Die Höfe und Freiräume werden wie Perlen an einer Schnur zu einer schönen Kette, mit sehr abwechslungsreichen Qualitäten verbunden.
„RHYTHMUS DER STEINE“
Die städtebauliche Idee leitet sich aus der „Urkonzeption“ der Siedlung ab – öffentliche Nutzungen, welche im Grünraum ein starkes Band der Bildung und der sozialen Gemeinschaft bilden. Daraus ergibt sich die klare Gliederung der Neubauten im Realisierungsteil in zwei differenzierte Baukörper.
Die Wohnbebauung nimmt den Rhythmus der bestehenden, sich staffelnden Kuben auf. Sie fasst den grünen Wohnhof des L-förmigen Gebäudes an der Carl-Schurz-Straße und stärkt die geborgene und erholsame Atmosphäre.
Der geschliffene hölzerne Stein ergänzt die Achse der öffentlichen Gebäude und wird im neugeschaffenen „Grünen Band“ platziert. Hier werden die Kindertagesstätte und der Gemeindesaal verortet. Der Saal bildet zusammen mit dem Pfarrhaus einen starken Auftakt in das Quartier und fungiert als Gelenk und Wegweiser auf die kulturelle Verbindung.
Der Hort orientiert sich mit seinen Außenflächen zum Grünraum hin.
NACHVERDICHTUNG
Der Neubau hält respektvoll Abstand zur bestehenden Bebauung und dem Baumbestand des Quartiers. Durch seine geschickte Platzierung erhält der bereits vorhandene Wohnhof einen Abschluss und wird zu einem ruhigen, grünen Wohnhof mit vielfältigen Aufenthaltsqualitäten transformiert.
Das Gebäude selbst nimmt den charakteristischen städtebaulichen Rhythmus der Bestandsbebauung auf und orientiert sich sowohl zum grünen Wohnhof hin als auch zum Quartierseingang. Die Erschließung erfolgt über ein zentral organisiertes Treppenhaus mit Aufzug, durch das man über kommunikative Wohnterrassen in die Wohneinheiten der beiden Gebäude gelangt. Jedes Geschoss erhält an einer repräsentativen Ecke eine Waschlounge in der in gediegenem Ambiente Austausch und Begegnung und Waschen stattfinden kann.
Quartierskonzept
AUFSTOCKUNG
Das Gebäude an der Carl-Schurz-Straße wird im Duktus der gestalterischen und topografischen Staffelung sensibel ergänzt. Sowohl in der Höhengliederung als auch im „tanzenden“ Rhythmus der Fußabdrücke, wird eine Aufstockung im Leichtbau vorgeschlagen und reagiert gestalterisch auf die bestehende Gestaltung der Baukörper.
Ein im Süden bzw. Westen an die Bebauung ergänztes, leichtes Stahlgerüst mit Holzböden, erhöht die Aufenthaltsqualität der bestehenden privaten Freibereiche, ermöglicht einen zweiten Rettungsweg für die vorhandenen, ausschließlich nach Süden orientierten Wohnungen und ermöglicht ein Erschließungskonzept der Aufstockung, welches analog zu der des Neubaus funktioniert. So können Synergien in der Planung und Umsetzung genutzt werden.
GEBÄUDE FAMILIENHEIM - PAUL-LÖBBE STR. 20
Modernes Wohnen in alter Struktur lautet hier das Motto der Umgestaltung. Lediglich kleine Eingriffe führen zu einer Neuinterpretation der Grundrisse auf heutige Wohnstandards.
Die Vorzüge der großzügigen Erschließungsflächen werden zu nutzbarem Raum, indem das Brandschutz Konzept den notwendigen Flur für den 2. Rettungsweg über die Dachlandschaft führt. Die Verbindung der Caritas Einrichtung wird so im Gebäude situiert, dass eine klare Zuordnung zum Integrativen-Clusterwohnen Synergien entstehen lässt. Auch die Barrierefreie Anbindung an den Gemeindessaal lässt sich über den Freiraum gewährleisten. So gelingt die Integration aller Altersgruppen in das Quartier.
ARCHITEKTUR
Die Neubauten sind radikal einfach gedacht. Klare Strukturen sorgen für wirtschaftliche Bauweisen und flexibel umnutzbare Räume. Ein gutes A/V-Verhältnis und ein kleiner Fußabdruck sichern einen geringen Materialaufwand bei hohem Nutzflächengewinn. Simple Konstruktion, moderate Fensterflächenanteile und außenliegend, vorgestellte Balkone minimieren Wärmebrücken und schaffen resiliente Bauten. Die Gliederung der Baukörper wird über das vorgestellte Balkonregal offen und einladend formuliert. Das Farbkonzept der Fassaden orientiert sich am Bestand und schreibt dieses subtil und mit einer modernen Leichtigkeit fort.
NACHHALTIGKEIT UND ENERGIE
Ziel des Klima- und Energiekonzeptes ist es, für Bewohner optimale Tageslicht- und Frischluftversorgung zu gewährleisten und einen hohen visuellen, thermischen und akustischen Komfort bei minimiertem Energiebedarf zu bieten. Durch eine Kombination von 3-fach Isoliergläsern mit einem u-Wert der Verglasung von 0.6 W/m²K und optimierten Rahmenkonstruktionen wird ein hoher Nutzerkomfort erreicht. Externe solare Wärmelasten werden für die Wohnbereiche durch außenliegenden Sonnenschutz wirksam reduziert. Die Wohnhäuser erhalten feststehende Holzlamellen und vertikale Begrünung als Verschattung.
Eine kontinuierliche Frischluftversorgung der Wohnbereiche wird über in die Fassaden vertikal integrierte dezentrale Pulslüftungsgeräte mit regenerativem Keramik-Wärmetauschern für integrierte Wärmerückgewinnung gewährleistet, die ggfs. schallgedämmt ausgeführt werden können. Vor den Lüftungselementen sind schmale Plattenheizkörper positioniert, die eine Erwärmung der eintretenden Frischluft gewährleisten und somit eine komfortable Grundlüftung der Zimmer sicherstellen. Über Überströmelemente in den Trennwänden gelangt die Abluft zu den Abluftschächten in den Sanitärzonen.
Die Flachdächer werden für die Aufnahme von flach aufgeständerten Photovoltaikmodulen oberhalb der Wasser führenden Dachebene vorbereitet. Diese Aufstellweise gewährleistet eine entsprechende Hinterlüftung der Module und minimiert die Eigenverschattung. Für diese Anlagenausführung werden etwa 1.472 MWh Jahresstromertrag pro Kilowatt Spitzenleistung erreicht. Damit werden neben einem hohen Deckungsbeitrag am Eigenstrombedarf auch Überschüsse ins öffentliche Stromnetz eingespeist, was Gesamtprimärenergiebedarfs des Gebäudes weiter senkt.
Ansichten 1:200
Lageplan 1:500
MIKROKLIMA, WASSER- UND PFLANZKONZEPT
- Fassadenbegrünung
- Dachbegrünung, Dachgärten mit Hochbeeten statisch optimiert.
- Überdeckung Erdreich TG 60cm
Im freiräumlichen Konzept geht es zum einen darum, kühle und klimakomfortable Aufenthalts- und Bewegungsräume im Sinne des Schwammstadtprinzips zu schaffen, zum andern darum, die Außenräume des Quartiers zu einem sozial erlebbaren attraktiven öffentlichen Raum zu verweben.
Neben dem Schaffen von begrünten Fassaden, Gründächern und Dachgärten wird der Baumbestand der vorhandenen nicht nur erhalten und sondern auch sinnvoll ergänzt. Straßen- und Platzräume werden zugunsten von Pflanz- und Fußgängerflächen teilweise entsiegelt und wo möglich mit versickerungsfähigen Oberflächen versehen.
Der Straßenraum wird als öffentlicher Aufenthalts- und Bewegungsraum begriffen, als Platz. Dazu wird ein behutsamer Rückbau der Verkehrsflächen und eine Verschwenkung des Kreuzungsbereiches Carl-Schulz-Straße und Konrad-Adenauer-Straße vorgeschlagen.
Der gewonnene Platzraum zwischen Gemeindebau und Pfarrhaus wird zur Neuen Mitte, zum Aufenthaltsbereich mit Sitzgelegenheiten unter Bäumen, Pflanzbeeten, Wasserspiel und frei bespielbarer Fläche für Veranstaltungen und Versammlungen, kurz zu einem echten öffentlichen Raum im Zentrum des Quartiers. Ein einheitlicher Belag unterstreicht den Platzcharakter.
Die Ergänzung der vorhandenen fußläufigen Wegebeziehung (Treppenanlage) zum kommerziellen „Quartierszentrum“ im Norden mit einem attraktiven stufenlosen barrierearmen Weg durch die Grünanlage des Hofes verknüpft die beiden öffentlichen Bereiche miteinander. Die Grünanlage mit ihrem wertvollen Baumbestand ist jetzt nicht nur besser erschlossen, sondern mit ihren Aufenthalts- und Spielbereichen zu einem attraktiven parkartigen Freiraum der Quartiersmitte geworden.
- Dirk Meiser, Lohrberg Landschaftsarchitekten
Fassadenschnitt 1:20
TRAGWERK, KONSTRUKTION UND MATERIAL
Eine durchaus heterogene Aufgabe: Gemeindezentrum, Aufstockung und Geschosswohnungsbau.
Und trotzdem konstruktiv vereint in Ökologie und Ökonomie: Holzbau durch und durch - entwickelt mit Bedacht auf dessen Stärken und Schwächen.
GEMEINDEZENTRUM
Beginnend mit nur mäßigen Spannweiten, was den wirtschaftlichen Einsatz von industriell gefertigten Brettsperrholz auch für die Geschossdecken zulässt. Die große Spannweite über dem Saal hingegen nur als Dach, womit wegen der viel geringeren Belastungen und Steifigkeitskriterien das Auslangen mit einer Schaar von schlanken BSH-Trägern gefunden wird, in geringem Abstand gleichsam einer Balkenlage verlegt. Darüber eine Dachschalung aus Dreischichtplatten. Sämtliche Dachflächen als bauphysikalisch robustes Warmdach, belegt mit extensivem Grün und PV. Die Decken mit Heiz-Kühl-Estrich auf installierbarer Splittschüttung und TSD.
Die tragenden Innenwände bestehen ebenfalls auch BSP-Platten, die - wie Dach und Decke - sichtbar bleiben und damit im Haus Haptik und Handwerklichkeit auf subtile Weise spürbar machen. Außenwände werden als Ständerelemente konstruiert, was die notwendige Dämmung platzsparend integriert. Cellulose und Holzfaser als angezeigte Dämmstoffe für Dach und Wand: leistbare Ökologie inkl. dem so wichtigen sommerlichen Wärmeschutz, was dem Gemeindezentrum bei minimalem Energieeinsatz ein ganzjährig angenehmes Raumklima bescheren wird. Im Ergebnis eine sehr einfache und überaus nachhaltige Konstruktion, die trotz Verzicht auf „billige“ Zement-, Schaumstoff- und Kunstfaserstoffe überaus wirtschaftlich ist.
AUFSTOCKUNG UND NEUER GESCHOSSWOHNUNGSBAU
Klare Grundrisse, übereinanderstehende Wände, reduzierte Spannweiten und Holz; Einfachheit und Wiederholung in der Konstruktion.
Damit wird die mit der Aufstockung für den Bestand so wichtige Lastverteilung bewirkt, während im Neubau durch die gleichen Mittel die Konstruktionsstärken gering- und die Geschosshöhen klein gehalten werden können – alles Komponenten für Wirtschaftlichkeit; neben der maximalen Elementierbarkeit von einfachen ebenen Elementen aus Vollholzständern und handelsüblichen Holzwerkstoffplatten. Konventioneller und komplett demontierbarer Holzbau eben, den auch Zimmerleute aus dem Umfeld können. Regionale Wertschöpfung als weiterer Baustein der Nachhaltigkeit.
Aus Beton nur die erschließenden und aussteifenden Kerne, zum Trotz gegen Feuer und Erdbeben. Auf dass weder das eine noch das andere jemals wüten mag.
- Gordian Kley, Merz Kley Partner
Modell © BBMG - Béla Berec