Preisgruppe – STADT.LAND.LEBEN. – Modellquartier Pfettenstrasse, Landsberg
Wohnraumentwicklung.nachbarschaftlich.klimaresilient – die Pfettenstraße – Modellprojekt LANDSTADT Bayern
Im nicht offenen städtebaulichen Realisierungswettbewerb konnten wir die Jury zusammen mit GREENBOX Landschaftsarchitekten und Béla Berec Modellbau überzeugen.
Wir freuen uns auf den folgenden Prozess, welcher mit einer Bürgerbeteiligung gestartet hat.
Danke an das gesamte Team für die herausragende Leistung!
Blick zum Quartiersplatz aus einem Gartenhof
STÄDTEBAULICHE LEITIDEE
Die Lage gegenüber der JVA stellt eine große Herausforderung für das zukünftige und lebenswerte Wohnquartier an der Pfettenstrasse dar. Bisher wird hier mit einer grünen Wiese und gebührendem Abstand reagiert.
Der Entwurf antwortet mit einer urbanen Parklandschaft als qualitätsvolles Pendant.
Es wird, ähnlich dem “Gallup-Prinzip” in der Psychologie, auf die Stärken des Ortes und weniger auf die Schwächen fokussiert, nämlich der JVA mit maximaler wohnlicher und freiräumlicher Qualität zu begegnen.
Die städtebauliche Setzung der Neubauten entsteht aus der Idee, urbane und ländliche Strukturen synergetisch zu verknüpfen. Dabei werden die „offenen“ Enden der bestehenden baulichen Strukturen aufgenommen und in verträglicher Art und Weise mit „hofbildenden“ Punkthäusern, Stadthäusern und Clusterwohnen kombiniert. Die neue Bebauungsstruktur reagiert dabei sensibel mit ihrer Körnung auf den Kontext.
Auf die Aus- und Einblicke der JVA wird mit einer sich staffelnden Höhenentwicklung reagiert. Diese Höhenentwicklung wird analog zur städtebaulichen Dichte und den daraus resultierenden Qualitäten entwickelt. Das schafft bei einer Anzahl von je nach Aufteilung bis zu 250 neue Wohnungen. Dabei bleibt die vollständige Gestaltungsfreiheit in der Anordnung von Balkonen, Loggien und Öffnungen in den Baukörpern vollständig erhalten.
Lageplan 1:1000 ©Greenbox Landschaftsarchitekten
Modell 1:1000, © BBMG - Béla Berec
NACHHALTIGKEIT
Der größtmögliche Anteil der Flächen bleibt unversiegelt. An den Gebäuden und in den Freiräumen werden Installationen, welche die Biodiversität begünstigen, angeboten. Dazu gehören Nistkästen, Fledermauskästen, Igel-Appartements, Insektenhotels, Trockenmauern für Eidechsen und Gründächer für Insekten, Schmetterlinge, Schnecken und Tiere aller Couleur - So kann Leben im Einklang mit der Natur entstehen. Materialien für die Belagsflächen werden vorzugsweise aus der Urbanen Mine bezogen und reduzieren den Anteil an CO2 Emissionen. Beim Bauen wird der materialgerechte Einsatz der Ressourcen angestrebt. Die Gebäude sind als hybride Bauten aus Holz, Lehm und Stroh gedacht und hinterlassen so einen positiven Emissions-Fußabdruck. Bei den Tiefgaragen und Fundamenten sollen recyclierte und wiederverwendbare “Öko-Stones” aus Recyclingbeton zum Einsatz kommen und zu einer Verbesserung der Emissionswerte führen.
Quartiersqualitäten - Axonometrie
NUTZUNGSVIELFALT
Das Grundgerüst der Hofstruktur ermöglicht eine adaptive planerische Entwicklung des Quartiers. Am Quartiers-Entree und punktuell in der Grünen Mitte entstehen lebendige, attraktive Erdgeschosse mit öffentlichen Nutzungen, die den Bewohnern des Quartiers als Anlaufstelle für ihre täglichen Bedürfnisse dienen, aber auch zum Verweilen einladen.
Gemeinschaftsküchen, Foodsharing, Fahrrad-Kiosk, Begegnungscafe und Reparaturwerkstatt bilden vielfältige Angebote, um soziales Miteinander zu stärken.
Es entsteht eine bunte Mischung an unterschiedlichen klassischen und innovativen Wohnformen, die alle Altersstufen und Einkommen berücksichtigen und Austausch und Vielfalt fördern.
Förderfähige klassische Wohnmodelle werden von spezifischen Wohnprojekten wie ökologisches Wohnen, Integratives Wohnen, Mehrgenerationenwohnen und Clusterwohnen verschieden geprägten WGs aufgelockert.
Nachbarschaft
Bauabschnitte
Typologien
ENERGIE, KLIMA, ENTWÄSSERUNG
Das klimaverträgliche Stadtquartier soll höchste Standards für eine nachhaltige Stadtentwicklung schaffen. Ein wesentlicher Bestandteil ist dabei eine wassersensible Stadtplanung, die durch einen hohen Grünanteil unterstützt wird.
Dachflächen werden entweder als halb-intensive Retentionsbegrünung, als Blau-Grün Dächer mit Regenwasserspeicherung für Brauchwasser (Gartenbewässerung, ggf. Toilettenspülung) oder als intensive Dachbegrünung ausgeführt. Dies staffelt sich nach den Höhen und Einsehbarkeiten der Baukörper. Abflüsse von Gründächern werden dezentral in Retentionsflächen im Außenbereich der Wohnhöfe und den Quartiershöfen versickert, die gedrosselt aus Regenwasserspeichern abgeleitet werden. Darüber hinaus kann weiteres Niederschlagswasser über lineare Versickerungsmulden entlang der Erschließungswege und über die Grüninseln versickert und abgeleitet werden. Ein hoher Anteil an Straßenbegleitgrün und großkronigen Bäumen, wasserdurchlässig gepflasterte Stellplätze, Tiefbeete und Versickerungsmulden in den Seitenwegen prägen den öffentlichen Freiraum.
Die Versickerung des Regenwassers erfolgt nach dem Schwammstadt-Prinzip und über Tiefbeete. Dafür sind in den grünen Wohnhöfen Aussparungen der Tiefgaragen vorgesehen. Innerhalb der grünen Quartiere schaffen neue Baumstandorte auch aus dem Klimabaum Sortiment Identität und Orientierung.
Photovoltaikdächer produzieren nachhaltig Strom, welcher direkt für die Wärmeerzeugung, E-Mobility sowie den eigenen Strombedarf verwendet wird. Mithilfe von Erdwärme aus einem eigenen Sondenfeld wird das Wasser der zentralen Heizungsanlagen auf Grundtemperatur gebracht.
Energie
Gebäudegrünkonzept
Mobilität
MOBILITÄT
Das neue Quartier an der Pfettenstrasse soll ein autofreies Quartier werden! - Hierauf wird strukturell mit der hierarchischen Anordnung der Straßen reagiert. Der motorisierte Individualverkehr wird, bevor das Quartier befahren wird, in Tiefgaragen abgeleitet.
Daran knüpfen Urbane Plätze an, die als Auftakt und visuelle Barriere fungieren. Hier werden der Mensch und das Fahrrad in den Vordergrund gestellt. Eine Durchfahrt für barrierefreie und vereinzelte Besucherstellplätze, Anlieferung und Umzugstransporte sowie Feuerwehr- und Müllfahrzeuge bleiben aber möglich. Eine Ringbefahrung ist grundsätzlich möglich, soll aber deutlich im Hintergrund stehen.
FREIRAUMKONZEPT
Das Gebiet zeigt sich heute als offene Wiesenfläche, die durch das markante Grün-Band im Westen mit Nord-Südverlauf begrenzt wird, dabei aber räumlich kaum strukturiert ist. Die bestehenden Grünflächen bieten im Verhältnis zum Fußabdruck des Geländes hinsichtlich Biodiversität nur wenig ökologische Vielfalt. Um sowohl die räumliche Erlebbarkeit als auch die ökologische Dynamik insgesamt deutlich zu steigern, entsteht ein Wohnpark, dessen Baukörper-Stellung die freiräumliche Idee von differenzierten Raumqualitäten aufgreift.
Die freie Gebäudesetzung ermöglicht eine gute Durchlüftung des Quartiers und schließt gleichzeitig ruhige Gartenwohnhöfe ein, die auch als grüne vertikale Klimagärten gedacht werden. Die Gartenwohnhöfe werden dabei als flächendeckend unversiegeltes Gelände zu atmosphärischen, naturnahen Aufenthaltsorten. Retentions- und Versickerungsflächen mit resilienten Pflanzungen wirken als Klimaanpassungsmaßnahme gegen sommerliche Überhitzung und als Schwamm für Starkregenereignisse. Die Begrünung aus gewachsenen Bäumen, Sträuchern, Stauden und Gräsern verbessert die Biodiversität und stärkt die lokale Fauna. Die befestigten Flächen werden dabei auf ein Minimum reduziert, stattdessen werden wasserdurchlässige und begrünte Oberflächen verwendet.
Über ein hierarchisiertes Wegenetz sind die Gartenwohnhöfe spielerisch mit den öffentlichen Freiräumen und urbaneren Plätzen verflochten. So entsteht eine sequenzierte Abfolge von Grünräumen, die durch unterschiedliche Nutzungen und Pflanzungen vielfältige Stimmungen und unterschiedliche Grade von Privatheit erzeugen.
Das Entree im Osten fungiert adressbildend für das Quartier. Neben einem integrierten Mobilitätszentrum bietet sich hier auch die Möglichkeit zur nachträglichen Einrichtung einer neuen Quartiers-Bushaltestelle. Der Quartiersplatz sowie der urbane Hof laden ein das Quartier und die unterschiedlichen Kommunikationsbereiche in den offenen Erdgeschossbereichen zu erkunden. Hier schaffen Nachbarschaftsräume, Cafés, eine Nachbarschaftsküche sowie ein Quartierladen Räume der Begegnung. Eingebettete Fontänen-Felder erzeugen an diesen Orten Verdunstungskühle und reduzieren bei sommerlicher Hitze die Operativtemperatur.
Freianlagen
Konzeptplan 1:1000 ©Greenbox Landschaftsarchitekten
ARCHITEKTUR
Die Architektur reagiert mit der Gliederung der Baukörper auf die städtebauliche Leitidee. Innerhalb der ruhigen Wohnhöfe werden etagenweise, auf den Ost-/West- und Südseiten, Klimagärten verortet. Diese werden aus Metall vorgestellt, um eine nachhaltige Langlebigkeit sicherzustellen. Auf den Nordseiten werden im gleichen Duktus belebte Laubengang-Zonen vorgesehen. Die in Sommerzeiten als Schattenspendende Aufenthaltsbereiche dienen. Die kompakten Baukörper weisen ein optimales A/V-Verhältnis auf. Hochgedämmte Außenwände, moderate Öffnungsgrößen und außenliegende Verschattung sorgen für eine gute Energiebilanz und versprechen eine wirtschaftliche Entwicklung.